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Zwangsarbeit für die deutsche Rüstungsindustrie

Bella Rotstein: Angst deportiert zu werden

Ich war vom 02.06.1942  bis 1945 als jüdische Hilfsarbeiterin bei der Firma Barthel in Chemnitz als Zwangsarbeiterin beschäftigt.
Das war Arbeit unter Aufsicht mit größter Belastung ohne Rücksicht auf den Gesundheitszustand. Es gab keine Krankschreibung – sonst drohte die Verschleppung in ein Vernichtungslager. Der Arbeitstag war erst beendet, wenn die vorgegebene Menge erreicht wurde. Die tägliche Arbeitszeit war von 7 Uhr bis 17 Uhr. Nur wenige Sonntage im Jahr waren arbeitsfrei. Es wurden 35 Pfennige pro Stunde gezahlt. Urlaub gab es keinen.
Die jüdische Abteilung war getrennt von den anderen Arbeitern. Wir wurden- soweit wir Kontakt hatten- von vielen verspottet und missachtet. Unsere jüdische Abteilung war in einer Holzbude untergebracht und die Fenster waren fest verschlossen. Es gab nur eine einzige Toilette ohne Wasserspülung.
 Es wurden bei uns Munitionshülsen gefertigt. Ich habe eine Zeit lang die Verschlüsse abgedichtet. Oft war ich auch zum Streichen mit schwarzer Farbe eingeteilt. Es stank fürchterlich und ich bekam einen chronischen Husten.
 Auf Anordnung der Gestapo mussten wir immer einsatzbereit sein. Wir hatten Ausgehverbot von 20 Uhr bis 6 Uhr früh. Mit der Straßenbahn durften wir nur  von der Wohnung bis zur Arbeitsstelle fahren. Sitzplätze waren den anderen Fahrgästen vorbehalten. Aus dem kulturellen Leben wurden wir völlig ausgeschlossen. So durften wir Kino, Theater und sogar den Stadtpark nicht betreten.  Nur mit Juden war es erlaubt zu sprechen oder wenn wir gefragt wurden.
Dazu kam die Angst deportiert zu werden. Mehrmals in der Woche wurden Transporte zu den Vernichtungslagern zusammengestellt. Mein Bruder Siegmund wurde verpflichtet diese Transporte mit vorzubereiten und erlebte viele traurige Schicksale.

NS-Terror und Verfolgung in Sachsen

Dr. Hans Brenner und seine 50 Mitstreiter haben ein umfangreiches Werk über die Anfänge der Konzentrationslager in Sachsen vorgelegt.

Die Neuerscheinung der Sächsischen Landeszentrale für politische Bildung wirft ein neues Licht auf die Zeit der Nationalsozialismus zwischen 1933 und 1945 in Sachsen. Zu den Themen zählen das System der Frühen Konzentrationslager von 1933 bis 1937 (mit mindestens 80 sächsischen Städten und Gemeinden), die politischen Prozesse gegen Gegner des NS-Systems, Opferschicksale aus den verschiedenen Verfolgten-Gruppen und die als Todesmärsche bezeichneten Evakuierungsmärsche aus Konzentrationslagern und deren Außenlagern ab Herbst/Winter 1944 über sächsisches Territorium. 

Mit einem umfangreichen Datenanhang und vier thematischen Karten liefert das Buch neuestes Forschungsmaterial für die sächsische Heimat- und Landesgeschichte.

Brenner, Hans / Heidrich, Wolfgang / Müller, KlausDieter / Wendler, Dietmar (Hrsg.) NS-Terror und Verfolgung in Sachsen.
Von den Frühen Konzentrationslagern bis zu den Todesmärschen Sächsische Landeszentrale für politische Bildung, Dresden 2018, 624 S